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Jersey-Säume faltenfrei gestalten

11 Ratschläge für das Säumen von Jersey-Stoffen

Kennen Sie dieses Szenario? Mit großer Zuversicht nehmen Sie sich vor, Ihren ersten Saum an Jersey zu nähen - es wird doch sicher nicht allzu kompliziert sein. Doch dann kommt die Ernüchterung: Die Naht ist nicht besonders ansehnlich, sie kräuselt sich und schlägt obendrein nach außen über! Falls Ihnen das schon einmal widerfahren ist, seien Sie versichert, Sie sind damit nicht allein.

Häufig weisen einfache Schnittmuster Bündchenabschlüsse auf - an Ärmeln, am Bauch, am Halsausschnitt und an den Beinenden. Und das aus einem gewichtigen Grund: Da die Naht nach innen verlegt ist, erscheinen Bündchen selbst bei Anfängern als professionell gearbeitet.

Manchmal ist jedoch ein einfacher Saum die bevorzugte Option, da Bündchen nicht zu jedem Bekleidungsstück passen möchten. Aus diesem Grund habe ich in diesem Beitrag eine Anleitung für das Anfertigen von elastischen Säumen mit einer handelsüblichen Nähmaschine (also ohne Overlock-Maschine und ohne Zwillingsnadel) verfasst. Zusätzlich finden Sie hier einige Ratschläge, wie Sie vermeiden können, dass Ihr Jersey-Saum sich kräuselt oder unerwünscht umklappt.


Eine alternative Option ist der Erwerb des Kinder-Schnittmusters in unserem Shop.


Die Anfertigung eines gewöhnlichen Saums mit elastischem Material ist tatsächlich nicht trivial. Die Nahtlinie ist offen sichtbar, und dies verzeiht kleinere Ungenauigkeiten deutlich weniger. Während des Nähprozesses wird der Stoff an der Nähmaschine zudem schnell verformt, wenn man nicht aufpasst.

Der Grund dafür liegt darin, dass der Stoff lediglich von unten transportiert wird. Hierfür sind die kleinen Zähnchen auf der Stichplatte zuständig, welche den Stoff vorwärts schieben (oder je nach Stichart auch mal zurück). Beim Säumen liegen zwei oder drei Lagen Stoff übereinander. Von unten wird der Stoff weiterbewegt, und von oben drückt das Nähfüßchen den Stoff nach unten. Da überrascht es kaum, dass sich die Stoffbahnen gegeneinander verschieben und verziehen können.

Jersey gänzlich ohne Saum verarbeiten

Man mag dies vielleicht als "Schummelei" bezeichnen, aber die Mehrheit der Leggings für meine Kinder versiegle ich gänzlich ohne Saumen. Jersey franst nicht aus, folglich können prinzipiell alle Kanten offen bleiben und müssen nicht versäumt werden.

Aus diesem Grund verzichte ich schlichtweg aus Zeitgründen auf das Säumen. Ich schneide die untere Kante der Hosenbeine sauber ab und lasse die Leggings so. Gelegentlich rollt sich der Jersey ein wenig ein, was sogar einen interessanten Effekt erzeugen kann.

Um zu verhindern, dass die Nahtzugabe von der Außenseite sichtbar wird, schneide ich diese schräg ab, zumindest dann, wenn ich - wie in diesem Fall - einen Geradstich anwende.

Der konventionelle, einfache Saum

Meine zweitliebste Methode, Leggings zu säumen, ist die Verwendung eines breiten, elastischen Zierstichs. Gerne greife ich dabei auf den Fagottstich oder den Wabenstich zurück.

Beim Zuschnitt ist es unerlässlich, eine Saumzugabe an den Beinabschlüssen zu berücksichtigen. Diese schlagen Sie einmal um und stecken sie sorgfältig fest, nachdem Sie die Leggings fertig genäht haben.

Nun nähen Sie auf oder nahe der Kante einmal mit einem elastischen Stich Ihrer Wahl rund um das Hosenbein. Ich starte dabei an der hinteren Innenseite des Hosenbeins (also dort, wo die Ferse sitzt). Auf diesem Bild können Sie ein Beispiel mit dem Fagottstich erkennen. So präsentiert sich der Saum von der Außenseite - eine solche Ausführung gefällt mir außerordentlich gut.

Welcher Stich ist hierfür geeignet?

Alle elastischen Stiche, die eine relativ beachtliche Breite aufweisen, sind hierfür tauglich. An meiner Nähmaschine sind dies beispielsweise der Fagottstich, der Hexenstich, der Wabenstich, der falsche Coverstich, der Stretch-Drei-Stich-Zickzackstich sowie die meisten Zierstiche. Hier sehen Sie ein Beispiel mit dem Wabenstich:

Auch der Hexenstich eignet sich hervorragend und liefert ein sehr ansprechendes Ergebnis:

Sollte Ihre Maschine nicht über eine so große Vielfalt an Stichen verfügen oder wenn Ihnen das Säumen mit einem Zierstich zu zeitaufwendig erscheint, können Sie ohne Weiteres auch einen Zickzackstich nutzen. Dieser ist ebenfalls elastisch und erzielt meist recht gute Ergebnisse. Sie haben die Wahl, entweder die Standardbreite zu verwenden oder eine sehr geringe Stichbreite einzustellen - auf diese Weise wirkt der Stich fast wie ein Geradstich.

Ein häufig auftretendes Problem beim Säumen von Jersey ist, dass die Naht verläuft sich wellig und dadurch etwas unprofessionell wirkt. Glücklicherweise existieren jedoch einige Techniken, um dem entgegenzuwirken.

1. Möglichst nur einmal umklappen

Wenn drei Stofflagen übereinanderliegen, erhöht sich das Risiko, dass der Stoffschlechter transportiert wird.

Des Weiteren ist es mir bereits mehrfach passiert, dass sich der Stoff innerhalb des umgeschlagenen Saums einrollt. Dies resultiert in einem Wulst auf der Innenseite des Saums, was optisch nicht ansprechend ist. :)

Wenn Sie den Stoff lediglich einmal umschlagen und auf der Kante des umgelegten Materials nähen, kann sich nichts mehr einrollen und der Saum bleibt schön flach.

2. Den Stoff beim Bügeln der Saumzugabe nicht dehnen

Ich muss zugeben, dass ich die Saumkante nicht immer umbügle. Oftmals fixiere ich sie lediglich mit Stecknadeln. Wenn Sie jedoch bügeln, achten Sie bitte darauf, den Stoff während des Bügelvorgangs nicht versehentlich zu dehnen. Hierfür empfiehlt es sich, mit Dampf zu arbeiten und das Bügeleisen nicht hin und her zu bewegen, sondern es lediglich aufzulegen und leicht zu drehen.

3. Den Stoff beim Nähen nicht ziehen

Um Faltenbildung zu vermeiden, ist es essenziell, nicht am Stoff zu ziehen, sondern ihn stets glatt unter den Nähfuß zu schieben.

Doch es geschieht rasch, dass wir den Stoff beim Nähen unabsichtlich verformen: Manchmal ziehen wir gar nicht aktiv am Stoff, sondern er dehnt sich unter seinem Eigengewicht oder er ist an der Nähmaschine eingeklemmt. Daher sollten Sie stets darauf achten, dass die Nähmaschine den Jersey ungehindert einziehen kann. Wenn sich vor dem Nähfuß eine kleine "Stofffalte" sammelt, ist dies keineswegs nachteilig, sondern in vielen Situationen sogar eher förderlich.

Beim Anfertigen von komplexeren elastischen Stichen wie dem Hexenstich oder dem Overlock-Stich wird der Stoff darüber hinaus nicht nur vorwärts, sondern auch rückwärts transportiert. In solchen Fällen ist es besonders leicht möglich, dass wir den Stoff verziehen, weil wir ihn lediglich festhalten.

4. Obertransportfuß verwenden

Falls Sie über einen Obertransportfuß verfügen, sollten Sie diesen unbedingt beim Säumen an Ihrer Nähmaschine anbringen. Auf diese Weise wird der Stoff nicht nur von unten, sondern auch von oben weitertransportiert. Der Stoff wird somit gleichmäßig befördert, was zu einer Reduzierung von Falten im Material führt.

Sämtliche Details bezüglich des Obertransportfußes finden Sie im nachfolgenden Blogbeitrag: Obertransport und Obertransportfuß - so funktioniert's! Aus diesem Grund hier nur ein kurzer Überblick über das Thema: An meiner Pfaff-Maschine ist ein aktiver Obertransport sogar bereits integriert und wird bei Bedarf einfach heruntergeklappt. Dies stellt natürlich einen erheblichen Komfort dar.

An vielen Nähmaschinen lässt sich ein passiver Obertransportfuß als spezielles Zubehör nachbestellen. Dieser wird nachträglich am Nähfuß befestigt:

Die Abbildung wurde mit freundlicher Genehmigung vom Blog Mamahoch2 bereitgestellt, wo Sie ebenfalls eine Anleitung für die Anbringung eines Obertransportfußes an der Nähmaschine finden.

Wo bekomme ich einen Obertransportfuß?

Speziell für Ihre Nähmaschine können Sie Original-Zubehör-Füße im Fachhandel erwerben. Auf Amazon finden Sie jedoch auch universelle Obertransportfüße, die zwar tendenziell etwas lauter sind als die Originalfüße, aber ansonsten gut funktionieren: Nähfuß für Nähmaschinen mit einem Kurzschaftsystem (als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Einkäufen).

Je nach Nähmaschinentyp kann die Montage des Obertransportfußes mitunter etwas aufwendig sein, jedoch, da Sie den Obertransport bei den meisten Nähprojekten einsetzen können, lohnt sich die Anbringung allemal.

5. Nähfußdruck reduzieren

Diesen Ratschlag lese ich immer wieder, kann aber aus eigener Erfahrung keine konkreten Aussagen dazu machen. Für Jersey (und sämtliche anderen elastischen Stoffe) wird empfohlen, den Nähfußdruck zu verringern. Das ist durchaus logisch, da die obere Stofflage dadurch weniger stark "gebremst" wird und der Jersey weniger gedehnt wird.

Persönlich habe ich beim Nähen allerdings bisher keinen signifikanten Unterschied zwischen verschiedenen Druckeinstellungen feststellen können. Manchmal frage ich mich, ob mein Einstellrad für den Nähfußdruck überhaupt noch intakt ist. 😉

Es gibt auch Nähmaschinen, welche den Nähfußdruck automatisch regulieren. Das klingt hervorragend, jedoch habe ich damit persönlich noch keine Erfahrungen gesammelt. Ich finde ohnehin, dass moderne Nähmaschinen weitaus mehr Eigenständigkeit bei der Einstellung aufweisen sollten!

6. Bügeln behebt leichte Kräuselungen

Sollte der Saum am Ende leichte Wellen aufweisen, ist dies keineswegs problematisch. Denn wenn Sie mit Dampf erneut darüber bügeln, werden kleinere Unvollkommenheiten korrigiert.

Falls Ihre Säume trotz aller Anstrengungen weiterhin wellig sind, muss dies nicht zwangsläufig an Ihnen liegen. Mit einigen Nähmaschinen gelingt das Säumen bei elastischen Stoffen schlichtweg nicht optimal. Und manchmal gerät man an einen Stoff, der sich besonders leicht verzieht (hallo Rippstrick!). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass Sie verzweifeln oder zeitlebens ausschließlich Bündchen an Ihre Kleidung nähen müssen.

Nun ist es an der Zeit für fortschrittlichere Methoden, denn erfreulicherweise gibt es Hilfsmittel, die das Umnähen von Jersey etwas erleichtern.

7. Sprühstärke verwenden

Wenn Sie den Saum von beiden Seiten mit Sprühstärke behandeln, wird der Stoff etwas steifer und weniger nachgiebig. Dies führt beim Nähen zu einer geringeren Wellenbildung. Die genaue Anwendung der Sprühstärke ist üblicherweise direkt auf der Verpackung beschrieben.

Sprühstärke können Sie normalerweise in jedem Drogeriemarkt oder beispielsweise hier bei Amazon (als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Einkäufen) erwerben.

8. Helferlein nutzen

Es gibt auswaschbares, aufbügelbares Vlies oder Soluweb, welche die Kante während des Nähens stabilisieren können.

9. Doppelseitiges Klebeband

Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von doppelseitigem Textilklebeband, mit welchem Sie den Saum fixieren können.

Für das Säumen von Jersey eignet sich hierbei vor allem ein Band, über das Sie nähen können, ohne dass die Nadel verklebt. Idealerweise geeignet ist beispielsweise das Wonder Tape von Prym (Partner-/Werbelink). Es ist nicht elastisch, wodurch sich der Stoff beim Nähen nicht verzieht. Sie können auch problemlos darauf nähen, da es die Nähnadel nicht verklebt und sich bei der ersten Wäsche wieder auflöst.

So erzielen Sie Säume, die sich nicht wellen und nach der ersten Wäsche wieder vollständig elastisch sind. Dies habe ich beispielsweise bei dem selbstgenähten Fledermaus-Shirt für die Kleine so umgesetzt.

Nähanleitung: Zuerst entfernen Sie das weiße Schutzband. Anschließend positionieren Sie das Klebeband so, dass es sich dort befindet, wo Sie später nähen werden, also etwa drei Zentimeter vom unteren Rand entfernt. Sie schlagen den Stoff um und kleben ihn fest.

Nun können Sie den Saum ganz normal nähen. Das Klebeband stabilisiert den Jersey, und es entstehen keine Wellen. Das Wondertape löst sich beim Waschen auf, und der Saum ist wieder schön nachgiebig.

10. Aufbügelbares Saumband

Es gibt ebenfalls aufbügelbares Saumband. Da dieses jedoch zumeist nicht elastisch ist und sich nicht auswaschen lässt, bleibt der Saum etwas steifer. Sie können es dennoch verwenden, wenn der Saum keine Dehnbarkeit aufweisen muss, beispielsweise bei einem T-Shirt an den Ärmeln. Sie legen das Saumband einfach zwischen die beiden Stofflagen. Beim Bügeln ist Vorsicht geboten, nicht direkt über das Band zu bügeln, da es sonst das Bügeleisen verklebt.

Aufbügelbares Saumband ist in verschiedenen Ausführungen erhältlich. Ich habe von meinem letzten Gardinenkauf noch Saumband vom Möbelschweden in meinem Vorrat, das eine Breite von etwa 2,5 Zentimetern aufweist. Bei schmalen Säumen ist es ratsam, das Band der Länge nach zu halbieren.

11. Weit genug umfalten

Je dicker das Gewebe ist, desto weiter sollte der Saum umgeschlagen werden, also 1,5 bis 2 Zentimeter bei Jersey und ungefähr 2 bis 3 Zentimeter bei Sweatstoffen.

Und nun wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg beim Nähen Ihres nächsten Saumes!

Sollten Ihre Säume trotz aller Bemühungen immer noch wellig sein, dann können Sie aus der Not eine Tugend machen und anstelle eines klassischen Saums einen Rollsaum anfertigen. Dies gelingt beispielsweise mit der Overlock, indem Sie die linke Nadel ausbauen, das Messer einklappen und den Rollsaum-Hebel betätigen. Wenn Sie nun zusätzlich am Stoff ziehen, entsteht ein Wellensaum, wie Sie ihn hier auf dem Bild am Hosenbein einer Leggings Luna sehen können.

Einen solchen Saum können Sie auch mit der herkömmlichen Nähmaschine erstellen, indem Sie einen Zickzack-Stich mit kurzer Stichlänge verwenden und den Stoff während des Nähens leicht dehnen. Ob Sie den Rollsaum Ton-in-Ton nähen oder eine Kontrastfarbe wählen, bleibt gänzlich Ihrer Entscheidung überlassen; beides sieht exzellent aus.


Sollte es Ihnen jedoch, wie so vielen Näherinnen mit kleinen Kindern, so ergehen, dass Sie zwar mit großer Leidenschaft nähen, aber den gesamten Tag über keine Zeit zum Nähen finden und dann abends zu erschöpft zum Nähen sind, dann habe ich vielleicht genau das Richtige für Sie. Wenn Sie sich für den Newsletter anmelden, erhalten Sie nicht nur die Leggings Luna als Geschenk, welche eines der schnellsten Hosen-Schnittmuster überhaupt darstellt. Sie bekommen obendrein meine zwölf besten Ratschläge, wie Sie trotz kleiner Kinder zum Nähen kommen.

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Mit vielen herzlichen Grüßen und viel Spaß beim Nähen!

Cailin

 

Kategorie: Allgemein, Nähanleitung, Nähtipps