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Impfung gegen Malaria

Probier's mal mit Gemütlichkeit: Sehr langsame Malaria-Erreger könnten sich als Impfstoff eignen

Weltweit wird intensiv an Impfungen gegen die tropische Infektionskrankheit Malaria geforscht. Aktuell existiert jedoch noch kein Impfstoff, der zuverlässig genug wirkt und finanzierbar wäre. Einen neuen Ansatz haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg, des Zentrums für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) entwickelt und bereits erfolgreich im Tierversuch getestet. Dabei setzten sie gentechnisch veränderte Malaria-Parasiten ein, die sich nach der Übertragung durch Moskitos in Mäusen so langsam vermehrten, dass das Immunsystem der Tiere sie erfolgreich bekämpfen konnte. Es entstand ein Immungedächtnis, das die geimpften Tiere bei späteren Malaria-Infektionen in verschiedenem Ausmaß vor schweren Symptomen bewahrte. Die Erkenntnisse könnten in Zukunft die Entwicklung verlässlicher Impfstoffe unterstützen.

Dr. Julia Sattler, die Erstautorin der nun veröffentlichten Arbeit, suchte nach einer Methode, das Immunsystem optimal auf eine Infektion mit Plasmodien vorzubereiten. „Der Erreger entwickelt sich von den sogenannten Sporozoiten, die durch den Mückenstich übertragen werden, über die Vermehrungsstadien in der Leber bis zu denen im Blut, welche die schweren Symptome auslösen. Daher sollte eine komplett durchlaufene „harmlose' Infektion am effektivsten sein, besser als beispielsweise einzelne Proteinstücke der Erreger', sagt sie. 

Langsame Entwicklung aktiviert Immunsystem nachhaltig

Bei der Suche nach einem „harmlosen' Plasmodium-Parasiten half die Recherche in einer Gendatenbank: Von den circa 5.000 Genen des Parasiten ist bereits die Hälfte bis zu einem gewissen Grad entschlüsselt und beschrieben. Man weiß, welche dieser Gene die Entwicklungsgeschwindigkeit des Parasiten im Blut beeinflussen könnten. Dem Team gelang es, 17 Linien des Nagetier-Parasiten Plasmodium berghei zu züchten, bei denen jeweils eines dieser Entwicklungs-Gene ausgeschaltet wurde. Einzelne dieser Linien entwickelten sich tatsächlich deutlich verlangsamt, dabei weitestgehend normal in der Mücke und der Leber infizierter Mäuse. Zwei Linien wurden erfolgreich vom Immunsystem der Mäuse bekämpft. „Diese beiden Hauptkandidaten für einen Impfstoff waren gleichzeitig auch die langsamsten Linien. Sie brauchten für ihre Entwicklung und Vermehrung rund drei- bis viermal so lange wie unveränderte Plasmodien', so Dr. Sattler. Die sicherste Impfwirkung erzielte die langsamste Linie: Bei späteren Infektionen mit unveränderten Erregern nach drei, sechs und zwölf Monaten starb keines der geimpften Tiere, sie waren entweder vollständig vor Malaria geschützt oder entwickelten nur milde Symptome, die von alleine abklangen.

Übertragung auf den Menschen herausfordernd

Derzeit forscht das Team um Professor Friedrich Frischknecht, Arbeitsgruppenleiter am Zentrum für Infektiologie des UKHD und Wissenschaftler im DZIF-Forschungsbereich „Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten', daran, die Methode auf den Menschen zu übertragen. Die Forschenden haben schon zwei Linien des Erregers der menschlichen Malaria, Plasmodium falciparum, mit verlangsamter Wachstumsrate produziert. Allerdings vermehrt sich Plasmodium falciparum nicht in Mäusen. „Wir können die genetisch modifizierten Parasiten zwar erzeugen, doch sie durchlaufen im Labor nicht ihren kompletten Entwicklungszyklus. So ist es schwierig, die am besten geeigneten Varianten herauszufiltern. Bisher bedienen wir uns mit Blut- und Zellkulturen, aber das ist kaum vergleichbar mit der Situation im lebenden Organismus', sagt Prof. Frischknecht. „Wir halten unseren Ansatz für vielversprechend, aber bis wir ihn am Menschen testen können, ist es noch ein weiter Weg. Trotzdem liefert er uns bereits jetzt wertvolle Informationen für die Entwicklung verlässlicher Impfstoffe.'

Zuverlässiger Impfstoff dringend gesucht

Circa 250 Millionen Menschen erkranken jährlich an Malaria, ungefähr 95 Prozent davon in Afrika. Über 600.000 sterben jedes Jahr daran, hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren. Die Erreger werden von Stechmücken übertragen und befallen im Körper zunächst Leberzellen. Dort entwickeln sie sich zu einer aggressiven Form weiter, die in rote Blutzellen eindringt, sich dort massenhaft vermehrt und dabei die Blutzellen zerstört. Dies verursacht die oft lebensbedrohlichen Symptome der Malaria: Wiederkehrende Fieberschübe, Blutarmut, Gefäßverschlüsse bis hin zu Organversagen und Koma. Gegen Medikamente entwickeln die Erreger früher oder später Resistenzen. Besser wäre eine Impfung, eine wirksame Therapie. Aber aktuelle Impfansätze mit Bruchstücken bestimmter Proteine der Erreger oder degenerierten kompletten Parasiten bieten entweder nur einen unbefriedigenden Schutz vor schweren Verläufen oder sind zu teuer.