Liposuktion als Kassenleistung
Fettabsaugung bei Lipödem: Alles zur neuen Kassenleistung
Ein Lipödem ist eine oft unangenehme Erkrankung. Normalerweise kommt nur eine Fettabsaugung - im medizinischen Jargon Liposuktion - infrage. Allerdings ist so eine Operation kostspielig. Betroffene können nun jedoch hoffen: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat entschieden, dass der Eingriff zur regulären Kassenleistung werden soll. Was das für Leidtragende bedeutet - dazu mehr in unseren FAQ.
Was ist ein Lipödem und wie viele Menschen sind davon betroffen?
Bei der Fettverteilungsstörung Lipödem sind die Fettzellen im Körper der Patienten verändert, was dazu führt, dass sich die Zellen immer weiter ausbreiten. Die Konsequenz ist unkontrolliertes, unproportionales Übergewicht - zumeist an Armen und Beinen. In Deutschland leiden Schätzungen zufolge rund vier Millionen Menschen an einem Lipödem, mehrheitlich Frauen.
Charakteristische Symptome sind Druck- und Berührungsschmerz, Spontanschmerz und Schweregefühl. Doch auch die emotionale und psychische Belastung kann für Betroffene durch das äußerlich veränderte Erscheinungsbild sehr belastend sein.
Weshalb zahlen die Krankenkassen jetzt diese Behandlung?
Bisher wurden die Kosten für eine solche Operation in einer befristeten Ausnahmeregelung erst dann von den Kassen übernommen, wenn die Krankheit bereits in einem fortgeschrittenen Stadium war. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss am Donnerstag jetzt modifiziert.
Hintergrund sind erste Ergebnisse einer neuen, vom G-BA initiierten wissenschaftlichen Studie, an der auch die Universität Regensburg beteiligt ist. Die Zwischenauswertung belegt, dass die operative Fettgewebsreduktion erhebliche Vorteile gegenüber einer alleinigen nicht-operativen Behandlung, wie beispielsweise Lymphdrainage, Kompression und Bewegungstherapie, hat. So vermag eine Liposuktion der Untersuchung zufolge nicht nur die Beschwerden der Patienten zu lindern, sondern auch deren Lebensqualität zu verbessern.
Ab wann werden diese Fettabsaugungen übernommen?
Der Beschluss des G-BA ist jedoch noch nicht in Kraft getreten, zurzeit. Das Bundesgesundheitsministerium muss ihn erst noch prüfen. Hierfür hat das Ministerium zwei Monate Zeit. Wird der Beschluss nicht beanstandet, tritt er einen Tag nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Im Anschluss muss noch der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Vergütung für die behandelnden Mediziner im sogenannten Erweiterten Bewertungsmaßstab (EBM) anpassen. Der G-BA geht davon aus, dass die EBM-Ziffern bis zum 1. Januar 2026 feststehen werden. Erst dann gilt die Liposuktion als ambulante Kassenleistung.
Wie sollen Patienten jetzt vorgehen?
Betroffene müssen sich also zunächst weiterhin in Geduld üben. Das bestätigte so auch der Gemeinsame Bundesausschuss BR24. Die AOK rät Patientinnen und Patienten, welche unter den Symptomen eines Lipödems leiden, sich weiterhin in ärztliche Behandlung zu begeben. "Der behandelnde Arzt / die behandelnde Ärztin wird ihnen dann die beste Behandlungs- und Therapieoption empfehlen", heißt es auf BR24-Anfrage.
Wie sind die neuen Voraussetzungen einer Absaugung?
Für die Kostenübernahme einer Fettabsaugung bei Lipödem-Betroffenen sollen bestimmte Anforderungen gelten. So müssen Diagnose und Angemessenheit der Therapie durch einen Facharzt festgestellt werden. Zusätzlich muss über einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie wie z. B. Kompressions- und Bewegungstherapie kontinuierlich, jedoch ohne Behandlungserfolg durchgeführt worden sein. In den sechs Monaten vor der Indikationsstellung zur Liposuktion dürfen die Betroffenen zudem kein Gewicht zugenommen haben.
Darüber hinaus muss der Body-Mass-Index (BMI) der Betroffenen in einem bestimmten Bereich liegen. Geht das Lipödem etwa mit einem bestimmten Ausmaß einer Adipositas (BMI-Wert von mehr als 35 kg/m²) einher, muss diese Adipositas vorrangig behandelt werden.
Wie steht es um die Erfolgsaussichten einer Fettabsaugung bei einem Lipödem?
Exakt diese Frage wurde in einer vom G-BA veranlassten Studie untersucht. Die Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie verweist auf BR24-Anfrage zwar darauf, dass Langzeitergebnisse zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht ausgewertet sind. Die bisherigen Erkenntnisse aber die Wirksamkeit der Liposuktion als wichtige therapeutische Option bei Lipödem unterstreichen würden, insbesondere bei frühzeitiger chirurgischer Intervention.
Lipödem-Patienten sollten aber auch bedenken: Eine Liposuktion kann Beschwerden verringern, aber das Lipödem nicht heilen. Eigenverantwortung und ein gesunder Lebensstil sind nach der Operation wichtiger als zuvor.