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Nach der ersten Impfung

Frage:

Bisweilen vernimmt man nach einer Schutzimpfung die Anweisung: „Eine Woche lang weder Alkohol noch Sport!' Solch eine Vorgabe ist gewiss übertrieben und bedarf keiner Befolgung. Doch welche Verhaltensregeln sind tatsächlich angemessen?

Antwort:

Abgesehen von sportmedizinischen Abhandlungen über die Korrelation zwischen körperlicher Aktivität und Immunisierungen existieren kaum belastbare Forschungsarbeiten zu diesem Thema. Dennoch kann, wie so oft, der gesunde Menschenverstand hier eine wertvolle Orientierung bieten.

Impfungen: Eine Routinetätigkeit für das Immunsystem

Im Grunde stellt eine Schutzimpfung lediglich eine gewöhnliche Aufgabe für das körpereigene Abwehrsystem dar. Dieses agiert permanent im Hintergrund, zumeist ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen. Bei einer Impfung zielt man jedoch darauf ab, eine deutliche Immunantwort hervorzurufen, welche einen robusten Schutz gegen die entsprechende Krankheit gewährleistet.

Bei einem attenuierten Impfstoff, einer sogenannten „Lebendimpfung', wird dies erreicht, indem eine milde „Impf-Infektion' induziert wird. Dies kann sich bisweilen in einer „üblichen Impfreaktion' mit einer kurzzeitigen Erhöhung der Körpertemperatur über wenige Tage manifestieren. Manchmal treten ein bis drei Wochen nach der Verabreichung milde Anzeichen einer impfbedingten Erkrankung auf, wie etwa ein vorübergehender Hautausschlag oder eine leichte Schwellung der Ohrspeicheldrüsen sowie Gelenkbeschwerden im Knie nach einer Immunisierung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken.

Bei einer inaktivierten „Totimpfung' wird dies unter anderem durch Adjuvantien erzielt. Auch hierbei können gewöhnliche Impfreaktionen auftreten, wie eine ein- bis dreitägige (seltener länger) Rötung, Schwellung und Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle selbst, und möglicherweise auch allgemeine Symptome, die meist ein bis drei Tage andauern, wie leichtes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein. Gelegentlich wird auch eine Vergrößerung der Lymphknoten beobachtet.

All dies signalisiert lediglich die rege Tätigkeit des Immunsystems. Diese Symptome vergehen, wie bereits erwähnt, rasch und erfordern keine spezifischen Maßnahmen. Bei erhöhter Körpertemperatur ist die Verabreichung von Paracetamol oder bei Säuglingen und Kleinkindern ein entsprechendes Fieberzäpfchen durchaus ratsam (vergleiche auch die STIKO-Empfehlung, Seite 316).

Schmerzen, Schwellungen, Komplikationen?

Zur Linderung von Schmerzen und Schwellungen an der Impfstelle kann Kühlung angewendet werden. Jedoch ist dies nicht zwingend erforderlich, da die meisten Geimpften ohnehin nur geringfügige Beeinträchtigungen verspüren, die von selbst abklingen. Bei ausgeprägteren Reaktionen oder anhaltenden Symptomen ist es unerlässlich, dass der Patient den behandelnden Impfarzt bzw. die behandelnde Impfärztin informiert. Ein Verdacht auf eine Impfkomplikation unterliegt der Meldepflicht beim zuständigen Gesundheitsamt. Sollte ein solcher Verdacht in äußerst seltenen Fällen bestehen, können die Betroffenen einen Antrag auf finanzielle Entschädigung beim zuständigen Versorgungsamt einreichen. Wie viel sportliche Betätigung ist erlaubt?

Der Körper ist somit durch die Impfung gefordert. Aus diesem Grund sollte man ihn keiner übermäßigen zusätzlichen Belastung aussetzen. Angesichts möglicher muskelkaterähnlicher Beschwerden an der Impfstelle wäre es ohnehin ratsam, auf ein eventuell geplantes Volleyballturnier zu verzichten. Häufig werde ich gefragt, ob eine geimpfte Person beispielsweise laufen dürfe. Meine Antwort lautet dann: „Laufen ja, Marathon nein; Radfahren ja, Tour de France nein.' Selbstverständlich spielt auch die gewohnte Intensität der sportlichen Betätigung für die jeweilige Person eine Rolle. Auf jeden Fall sollte die körperliche Anstrengung nur so weit gehen, dass man sich dabei noch unterhalten kann und deutlich unter seiner persönlichen Leistungsgrenze bleibt.

Diese Einschränkung wird bei Lebendimpfungen für ungefähr eine Woche empfohlen oder solange, wie eine Impfreaktion anhält. Bei Totimpfungen sollte man sich für einige Tage etwas zurückhalten, oder so lange, wie man sich noch beeinträchtigt fühlt.

Sportmedizinische Forschungen haben ergeben, dass eine moderate sportliche Beanspruchung weder für trainierte noch für untrainierte Personen einen Einfluss auf die Antikörperbildung hat. Extreme körperliche Anstrengung kann im Gegensatz dazu jedoch zu einer reduzierten Immunantwort führen.

Was ist mit Sauna und Solarium?

Auch Saunabesuche stellen eine gewisse körperliche Beanspruchung dar, deren Ausmaß davon abhängt, ob jemand regelmäßig die Sauna nutzt oder dies eher selten tut. Solange noch spürbare Reaktionen auf die Impfung vorliegen, ist Zurückhaltung geboten. Der Besuch eines Solariums kann den Körper ebenfalls belasten. Die Zusammensetzung der Strahlen unterscheidet sich von der natürlichen Sonneneinstrahlung, und die Intensität ist vergleichsweise hoch. Auch hier sollte man in den ersten Tagen nach einer Impfung Maß halten.

Duschen, Baden und Schwimmen sind nach einer Impfung selbstverständlich gestattet. Diese gänzlich überholte Empfehlung, die man immer wieder hört, ist ein Überbleibsel aus der Zeit der Pockenimpfung und hat ihre Gültigkeit vollständig verloren.

Alkohol: Ein Gläschen Wein ist gestattet

Und abschließend die Frage nach dem Alkoholkonsum. Dass übermäßiger Konsum alkoholischer Getränke der Gesundheit schadet, sollte jedem bewusst sein. Alkohol schwächt zudem den Körper. Für seinen Abbau benötigt der Organismus Energie, die er stattdessen für die Produktion von Antikörpern aufwenden sollte. Es ist jedoch nicht notwendig, nach einer Schutzimpfung komplett auf Alkohol zu verzichten. Meinen Patienten rate ich: „Gehen Sie mit Alkohol so um, wie Sie es immer tun sollten: genießen Sie bewusst und vermeiden Sie Übermaß.' Ein bis zwei Gläser Bier oder Wein sind sicherlich unbedenklich, vorausgesetzt, es liegt keine Alkoholabhängigkeit vor. Exzessiver Alkoholkonsum sollte - nicht nur nach einer Impfung - unterlassen werden.


Erstellt: Neunzehnter August Zweitausendsiebzehn