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Tätigkeiten während der Kündigungsperiode

Laut Aussagen von Arbeitsrechtsexperten führen Beendigungen von Arbeitsverhältnissen immer wieder zu Uneinigkeiten zwischen Arbeitgebern und deren Angestellten, welche Angelegenheit nun von der obersten Arbeitsgerichtsinstanz (BAG, Urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24) endgültig entschieden wurde.

Der Auslöser für diesen wegweisenden Fall war ein Angestellter, der bei seinem damaligen Dienstgeber als Senior Consultant in verschiedenen Projekten tätig war und eine fristgerechte Kündigung erhielt. Während der dreimonatigen Beendigungsperiode wurde er seitens des Arbeitgebers von seinen Pflichten entbunden – folglich war er von der Erbringung jeglicher Arbeitsleistungen befreit.

Kein "vorsätzliches" Unterlassen seitens des Angestellten

Im richtungsweisenden Beschluss der höchsten deutschen Arbeitsrichter wird festgehalten: „Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Anspruchs auf Beschäftigung von der Ausübung der Tätigkeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht vorsätzlich ... anderweitigen Erwerb, wenn er nicht schon vor dem Ablauf der Kündigungsperiode ein weiteres Beschäftigungsverhältnis eingeht“.

Während seiner Entbindung von der Arbeitsleistung sandte der Arbeitgeber dem Kläger gesamt drei­und­vierzig Stellenausschreibungen aus diversen Jobportalen. Lediglich für sieben dieser Offerten bewarb sich der Betroffene, welcher überdies gegen seine Kündigung gerichtlich vorging. Die entsprechenden Bewerbungen reichte er allerdings erst gegen Ende seiner Kündigungsfrist ein. Sein damaliger Arbeitgeber argumentierte, der Kläger hätte die Verpflichtung gehabt, sich während der Freistellungszeit auf die ihm zugestellten Stellenanzeigen zu bewerben. Aus diesem Grund verweigerte er dem Berater für den letzten Monat die Auszahlung der Vergütung.

Dabei stützte sich der Arbeitgeber auf einen spezifischen Absatz des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 615 S. 2 BGB). Dieser handelt unter anderem von der Thematik, ob ein Angestellter als „böswillig“ gilt, wenn er sich nicht eigenständig um einen alternativen Erwerb bemüht, nachdem ihn sein Dienstgeber von der Tätigkeit freigestellt hat – also die ihm offerierte Arbeitsleistung nicht in Anspruch nahm.

Auseinandersetzung betreffend eine Bruttosumme von 6.440 Euro

Der entlassene Angestellte führte an, dass die Annahme einer neuen Tätigkeit während der Freistellungszeit potentiell einen Wettbewerbskonflikt zwischen dem ehemaligen und einem möglichen zukünftigen Dienstgeber verursachen könnte. Ferner sei es äußerst schwierig, innerhalb kurzer Frist eine neue dauerhafte Anstellung zu finden und anzutreten.

Die Klage des Senior Consultants auf Nachzahlung eines Bruttomonatsgehalts von 6.440 Euro zuzüglich Verzugszinsen hatte schließlich Erfolg. Die Juristen erklärten, der Arbeitgeber habe nicht schlüssig darlegen können, dass ihm die Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs des Klägers, welcher auch während der Kündigungsperiode Gültigkeit besaß, unzumutbar gewesen wäre. „Auf dieser Grundlage existierte für ihn keine Verpflichtung, bereits vor dem Ende der Kündigungsperiode zur finanziellen Entlastung der beklagten Partei ein alternatives Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen und daraus Einkünfte zu generieren.“

Beiträge aus der beck-online Datenbank

Fischinger, Anrechnung böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs auf Annahmeverzugslohnansprüche freigestellter Cheftrainer?, SpuRt 2024, 92

Müller zu LAG Baden-Württemberg, Annahmeverzug – böswilliges Unterlassen, ArbRAktuell 2024, 362 (vorherige Instanz)

LAG Baden-Württemberg, Annahmeverzug und böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes, NZA-RR 2024, 588

ArbG Villingen-Schwenningen, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Arbeitszeit, Jobcenter, Freistellung, BeckRS 2023, 50427 (erste gerichtliche Instanz)